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Projekte
Helmut Mark, Reinhard Braun
Das Fernsehprojekt
Das Projekt verbindet die Austrahlung einer Fernseharbeit
mit deren Ankündigung und Vermittlung in Programmzeitschriften, Zeitungen
und Zeitschriften sowie einem Plakat. Es versucht, den öffentlich medialen
Raum - mit Ausnahme des Radios - zu besetzen und diesen Raum als skulpturalen
Raum zu definieren. Dieser Raum - als eine Erscheinungsform des "elektronischen
Raumes" - ist der eigentliche Gegenstand des Projekts, das als ein temporäres
Medien-System angelegt erscheint. Das Projekt TRANSIT benutzt die im öffentlichen
medialen Raum angelegten Mechanismen und Automatismen der Kommunikation,
Information und Rezeption, um "Werbe"- bzw. Öffentlichkeitseffekte
zu erzielen, ohne das Projekt selbst als Werbung anzulegen.
Eine mediative Skulptur
Das Fernsehprojekt richtet sich vor allem
auf die Permanenz medialer Bilder, der permanenten Präsentation von Bildern
und ihren Abläufen als sinnvolle, narrative und vor allem kontinuierliche
Ereignisse, eine Bildproduktion, die Erzählungen konstruiert und völlig
darauf abzielt, die Medien selbst, d.h. die Systemebenen (Übertragung,
Verbreitung, Präsentation und: das Erscheinen, das Gerät) zu
negieren und allein sich selbst in Szene zu setzen; Fernsehen verschwinden völlig
hinter seinen - immer auch ästhetischen - Botschaften, Inhalten und
semantisch aufgeladenen Effekten. Die Narration der Medien, ihre Information und
Kommunikation erscheint als reiner Effekt, als Inszenierung der Bilder, d.h.
nicht mehr als Übersetzung oder Kommentierung einer Wirklichkeit, sondern
als Erzeugung einer spezifischen Wirklichkeit, einer Wirklichkeit, die als
Effekt der medialen Bilder und Töne erscheint, d.h. als ein Effekt eines
bestimmten Konzepts des Einsatzes der Medien, weniger als ein Effekt der Medien
selbst.
Das Projekt für eine Fernseharbeit zum Begriff TRANSIT
entzieht, sich dieser Narration und erzeugt keine weiteren literarischen,
narrativen, irgendeiner Logik der Repräsentation verpflichteten Bilder,
sondern Bilder bzw. ein Bild, das kurzzeitig eine "ästhetische"
Situation schafft, die diesen Bilderfluß unterbindet und eine veränderte
Rezeptionssituation hervorruft. Es handelt sich letztendlich darum, das
Fernsehen kurzzeitig in einen qualitativ anderen Zustand zu überführen,
einen Zustand, der sich an der Wahrnehmungssituation orientiert, am Empfang
dieser Bilder und ihrer Erscheinung am Empfangsort. Die visuell orientierte,
aber das Visuelle überschreitende Arbeit - wie sie unten beschrieben wird -
reflektiert die Situation der Konfrontation/Begegnung mit dem Emfangsgerät,
dem Monitor und definiert diese als skulpturale Situationen. Gewissermaßen
handelt es sich dabei um die mediale Transformation von Medien-Objekten, die
nicht mehr als solche wahrgenommen werden. Die Fernseharbeit TRANSIT erzeugt
einen Zustand auf der Basis eines Bildes, das die herkömmlichen
Fernsehbilder unterschreitet und den Blick auf die Erscheinungsweise dieser
Bilder freigibt. Sie ist auf der Ebene des (Fernseh-)Objekts angesiedelt: der
Monitor wird mit einem Bild "überzogen", das wieder zu einer
eigentlichen Oberfläche für den Blick wird, der Monitor wird konkret
als Objekt rezipierbar - als ein Objekt, das längst verschwunden war hinter
den Erzählungen der Medien. Es wird versucht, eine andere Form der Präsenz
von Fernsehen zu erzielen - das Fernsehgerät wird durch diesen Eingriff im
Signalbereich zu einem Leucht-Objekt, zu einer Skulptur. Die Dimensionen dieser
Skultur sind durch das Medium Fernsehen determiniert: eine mittelbare,
objektivierte Skulptur, eine serielle Skulptur, eine Skulptur, die erst durch
die Übertragung/Ausstrahlung von Bildsignalen erzeugt wird.
Realisiert wird dieser Skulptur-Begriff durch das Rauschen, einen rauschenden
Bildschirm. Das Rauschen erscheint aber nicht als eine Attacke auf die Bilder,
sondern als deren Auflösung, als Implosion der Bilder, als Entleerung des
Bildschirms, als Konstruktion einer Fläche, die kein Träger für
Projektionen inhaltlicher Art mehr ist, kein Spiegel, keine Re-Präsentation,
sondern die reine Erscheinung einer Oberfläche. Im Gegensatz zur
Monochromie behält das Rauschen Konnotationen zur technischen Ebene der
Bilder, ihrem Signalhintergrund. Das Rauschen definiert sich als
Eingangsinformation, die vom Gerät nicht mehr adäquat in ein
Bildsignal verarbeitet werden kann; aus diesem Grund unterschreitet das Rauschen
die Bildentstehung - dennoch handelt es sich nicht um einen signallosen Zustand.
Die mediative Skulptur ist keine Visualisierung, sondern ein visueller Zustand.
Insofern repräsentiert das Rauschen die Null-Form eines telemedialen
Bildes. Das Rauschen erscheint unbesetzt von Information/Sinn und läßt
sich maximal besetzen und definieren - definieren als ein (mediativer) Zustand
des Systems Fernsehen.
Das Rauschen ist als sichtbar artifizielles
blaues Rauschen realiseirt, d.h. als ästhetisches Bild angelegt. Ein
schwarz-weißes Rauschen wird mit blauen und weißen Farbanteilen
eingefärbt und durch einen Mosaik-Effekt zusätzlich formalisiert und
definiert: die Proportion der Rauschpartikeln, die Farben, die Zeiligkeit des
Bildes etc. werden modifiziert, um ein möglichst gleichförmiges und
raumhältiges Rauschen zu erzeugen, das sofort als konstruiertes
wahrgenommen wird.
Die mediative Skulptur "TRANSIT" zeigt
dieses Bild - das das Fernsehgerät in ein Licht-Objekt verwandelt - eine
Woche lang (vom 2. - 7. November 1992) vor/als Sendeschluß der beiden
Fernsehkanäle des ORF für 12 Minuten. Der Schriftzug "TRANSIT"
ist nach einem kurzen Vorlauf ("TRANSIT/Eine mediative Skulptur/von Helmut
Mark") als Einblendung analog zu Sender- und Kanalkennung präsent
(alle 45 Sekunden für 15 Sekunden). Nach der Ausstrahlung werden die Sender
des ORF abgeschaltet - ein harter Schnitt in den Sendeschluß. Die
Differenz dieser Zustände bzw. ihre partielle Ähnlichkeit (Rauschen)
ist wichtig, um die nachfolgenden Nicht-Bilder quasi vorwegzunehmen ohne sie zu
duplizieren. Die Signifikanz der Fernseharbeit besteht in ihrer
Ereignislosigkeit, in der Verwendung einer Bildmaterials quasi aus dem "off",
in der Herstellung einer Dauer - es entsteht Zeit, ein Zeitraum der Skulptur.
Allerdings ist das Konzept trotz allem noch an der klassischen Form
des Fernsehens orientiert: die Technik der Sendeanlagen bedingt dieses Rauschen
jenseits der Sendezeit; über Kabelempfang existiert dieser empfanglose
Zeitraum stochastischer Bildsignale - das "off" - nicht mehr. Nachdem
das Programm zu Ende ist, erscheint die ganze Nacht ein spezifisches
Test/Kennungsbild am Bildschirm - die Fernseharbeit ist zwischen diesen beiden
Zuständen angesiedelt; für den Kabelempfang simuliert das Projekt
quasi noch den klassischen Begriff des Fernsehens, der dort nicht mehr
existiert, simuliert es ein - künstliches - Jenseits des Fernsehens, das im
Verschwinden begriffen ist.
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