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Projekte


TRANSIT - Eine mediative Skulptur
1992

Helmut Mark, Reinhard Braun


Das Fernsehprojekt
Das Projekt verbindet die Austrahlung einer Fernseharbeit mit deren Ankündigung und Vermittlung in Programmzeitschriften, Zeitungen und Zeitschriften sowie einem Plakat. Es versucht, den öffentlich medialen Raum - mit Ausnahme des Radios - zu besetzen und diesen Raum als skulpturalen Raum zu definieren. Dieser Raum - als eine Erscheinungsform des "elektronischen Raumes" - ist der eigentliche Gegenstand des Projekts, das als ein temporäres Medien-System angelegt erscheint. Das Projekt TRANSIT benutzt die im öffentlichen medialen Raum angelegten Mechanismen und Automatismen der Kommunikation, Information und Rezeption, um "Werbe"- bzw. Öffentlichkeitseffekte zu erzielen, ohne das Projekt selbst als Werbung anzulegen.

Eine mediative Skulptur
Das Fernsehprojekt richtet sich vor allem auf die Permanenz medialer Bilder, der permanenten Präsentation von Bildern und ihren Abläufen als sinnvolle, narrative und vor allem kontinuierliche Ereignisse, eine Bildproduktion, die Erzählungen konstruiert und völlig darauf abzielt, die Medien selbst, d.h. die Systemebenen (Übertragung, Verbreitung, Präsentation und: das Erscheinen, das Gerät) zu negieren und allein sich selbst in Szene zu setzen; Fernsehen verschwinden völlig hinter seinen - immer auch ästhetischen - Botschaften, Inhalten und semantisch aufgeladenen Effekten. Die Narration der Medien, ihre Information und Kommunikation erscheint als reiner Effekt, als Inszenierung der Bilder, d.h. nicht mehr als Übersetzung oder Kommentierung einer Wirklichkeit, sondern als Erzeugung einer spezifischen Wirklichkeit, einer Wirklichkeit, die als Effekt der medialen Bilder und Töne erscheint, d.h. als ein Effekt eines bestimmten Konzepts des Einsatzes der Medien, weniger als ein Effekt der Medien selbst.

Das Projekt für eine Fernseharbeit zum Begriff TRANSIT entzieht, sich dieser Narration und erzeugt keine weiteren literarischen, narrativen, irgendeiner Logik der Repräsentation verpflichteten Bilder, sondern Bilder bzw. ein Bild, das kurzzeitig eine "ästhetische" Situation schafft, die diesen Bilderfluß unterbindet und eine veränderte Rezeptionssituation hervorruft. Es handelt sich letztendlich darum, das Fernsehen kurzzeitig in einen qualitativ anderen Zustand zu überführen, einen Zustand, der sich an der Wahrnehmungssituation orientiert, am Empfang dieser Bilder und ihrer Erscheinung am Empfangsort. Die visuell orientierte, aber das Visuelle überschreitende Arbeit - wie sie unten beschrieben wird - reflektiert die Situation der Konfrontation/Begegnung mit dem Emfangsgerät, dem Monitor und definiert diese als skulpturale Situationen. Gewissermaßen handelt es sich dabei um die mediale Transformation von Medien-Objekten, die nicht mehr als solche wahrgenommen werden. Die Fernseharbeit TRANSIT erzeugt einen Zustand auf der Basis eines Bildes, das die herkömmlichen Fernsehbilder unterschreitet und den Blick auf die Erscheinungsweise dieser Bilder freigibt. Sie ist auf der Ebene des (Fernseh-)Objekts angesiedelt: der Monitor wird mit einem Bild "überzogen", das wieder zu einer eigentlichen Oberfläche für den Blick wird, der Monitor wird konkret als Objekt rezipierbar - als ein Objekt, das längst verschwunden war hinter den Erzählungen der Medien. Es wird versucht, eine andere Form der Präsenz von Fernsehen zu erzielen - das Fernsehgerät wird durch diesen Eingriff im Signalbereich zu einem Leucht-Objekt, zu einer Skulptur. Die Dimensionen dieser Skultur sind durch das Medium Fernsehen determiniert: eine mittelbare, objektivierte Skulptur, eine serielle Skulptur, eine Skulptur, die erst durch die Übertragung/Ausstrahlung von Bildsignalen erzeugt wird.

Realisiert wird dieser Skulptur-Begriff durch das Rauschen, einen rauschenden Bildschirm. Das Rauschen erscheint aber nicht als eine Attacke auf die Bilder, sondern als deren Auflösung, als Implosion der Bilder, als Entleerung des Bildschirms, als Konstruktion einer Fläche, die kein Träger für Projektionen inhaltlicher Art mehr ist, kein Spiegel, keine Re-Präsentation, sondern die reine Erscheinung einer Oberfläche. Im Gegensatz zur Monochromie behält das Rauschen Konnotationen zur technischen Ebene der Bilder, ihrem Signalhintergrund. Das Rauschen definiert sich als Eingangsinformation, die vom Gerät nicht mehr adäquat in ein Bildsignal verarbeitet werden kann; aus diesem Grund unterschreitet das Rauschen die Bildentstehung - dennoch handelt es sich nicht um einen signallosen Zustand. Die mediative Skulptur ist keine Visualisierung, sondern ein visueller Zustand. Insofern repräsentiert das Rauschen die Null-Form eines telemedialen Bildes. Das Rauschen erscheint unbesetzt von Information/Sinn und läßt sich maximal besetzen und definieren - definieren als ein (mediativer) Zustand des Systems Fernsehen.

Das Rauschen ist als sichtbar artifizielles blaues Rauschen realiseirt, d.h. als ästhetisches Bild angelegt. Ein schwarz-weißes Rauschen wird mit blauen und weißen Farbanteilen eingefärbt und durch einen Mosaik-Effekt zusätzlich formalisiert und definiert: die Proportion der Rauschpartikeln, die Farben, die Zeiligkeit des Bildes etc. werden modifiziert, um ein möglichst gleichförmiges und raumhältiges Rauschen zu erzeugen, das sofort als konstruiertes wahrgenommen wird.

Die mediative Skulptur "TRANSIT" zeigt dieses Bild - das das Fernsehgerät in ein Licht-Objekt verwandelt - eine Woche lang (vom 2. - 7. November 1992) vor/als Sendeschluß der beiden Fernsehkanäle des ORF für 12 Minuten. Der Schriftzug "TRANSIT" ist nach einem kurzen Vorlauf ("TRANSIT/Eine mediative Skulptur/von Helmut Mark") als Einblendung analog zu Sender- und Kanalkennung präsent (alle 45 Sekunden für 15 Sekunden). Nach der Ausstrahlung werden die Sender des ORF abgeschaltet - ein harter Schnitt in den Sendeschluß. Die Differenz dieser Zustände bzw. ihre partielle Ähnlichkeit (Rauschen) ist wichtig, um die nachfolgenden Nicht-Bilder quasi vorwegzunehmen ohne sie zu duplizieren. Die Signifikanz der Fernseharbeit besteht in ihrer Ereignislosigkeit, in der Verwendung einer Bildmaterials quasi aus dem "off", in der Herstellung einer Dauer - es entsteht Zeit, ein Zeitraum der Skulptur.

Allerdings ist das Konzept trotz allem noch an der klassischen Form des Fernsehens orientiert: die Technik der Sendeanlagen bedingt dieses Rauschen jenseits der Sendezeit; über Kabelempfang existiert dieser empfanglose Zeitraum stochastischer Bildsignale - das "off" - nicht mehr. Nachdem das Programm zu Ende ist, erscheint die ganze Nacht ein spezifisches Test/Kennungsbild am Bildschirm - die Fernseharbeit ist zwischen diesen beiden Zuständen angesiedelt; für den Kabelempfang simuliert das Projekt quasi noch den klassischen Begriff des Fernsehens, der dort nicht mehr existiert, simuliert es ein - künstliches - Jenseits des Fernsehens, das im Verschwinden begriffen ist.



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