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Kunst & Politik 1990/1996

Kunst der Nation?
Kunstpolitik im Dritten Reich

Die neue "Reinheit"

Im Zuge des theatralisierten und pathetisch geführten "Kampfes" um die Kunst, der in Wahrheit längst einer um das Bewußtsein großer gesellschaftlicher Gruppen geworden war, definierte sich die deutsche Kunstpolitik vor allem durch das Moment der Negation aller unmittelbar vorausgehenden Kunstrichtungen: Hitler lehnte etwa im September 1934 sowohl die "traditionsfeindlichen Kunstverderber" ab, womit er die Futuristen, Kubisten und Dadaisten meinte, wandte sich aber gleichzeitig gegen die "nur rückwärts gewandten völkischen Veteranen": der revolutionäre Anspruch erlaubte auch keine einfache Restauration. "Deutsch sein" hieß: klar sein, etwas neues schaffen, einen Neubeginn angehen. Aus diesem Grund war auch der Rückgriff auf Altdeutsche Kunst und deren Erhebung zur Norm mit einigen Schwierigkeiten verbunden: Matthias Grünewald etwa und selbst Lukas Cranach wiesen in ihren Arbeiten manieristische Züge auf, die bereits verurteilt wurden, Und selbst Albrecht Dürer wurden seine Italienreisen als Irrtum vorgeworfen.

Was sich hinter diesen Bemühungen abzeichnet, ist die fanatische Suche nach Eindeutigkeit und Reinheit, einer vollständig homogenisierten Ordnung, die aber nirgends zu finden war. Das kultur-theoretische Streben der Nationalsozialisten ist durchgehend durch die "Liquidierung" des Anderen gekennzeichnet, der Eliminierung von Komplexität, durch ein "Ausmerzen" von "verunreinigenden" Komponenten: die Herstellung ethnisch reiner Gebiete, die Befreiung der Welt vom Juden, die Neuerschaffung eines reinen Kunstideals - alle diese Ansätze formulieren den Anspruch auf Reinheit, Klarheit, Eindeutigkeit, von Homogenität und Einheitlichkeit (die somit immer wieder Gegenstand von Schriften wurden, ohne sie theoretisch realisieren zu können). Der Versuch der ästhetischen Normierung der Architektur, der Plastik und der Malerei sollte Ausdruck eines einzigen und einheitlichen Willens zur Gestaltung sein: ein Volk konnte nur eine gültige Ästhetik besitzen. Die nationalsozialistische kulturtheoretische Ideologie war nicht auf der Suche nach einer Perspektive, einer Position (auf Kultur oder Geschichte), sondern arbeitete an der Etablierung einer absoluten Ordnung.

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