TexteReinhard Braun |
AM RANDE DES NETZWERKS Aktuelle Projekte aus Österreich: Teil 1 Kommunikationstechnologien sind zur Zeit in aller Munde, kaum ein Tag vergeht ohne neue Meldungen vom "Information Highway": Kommunikation, Archiv, Datenbank, Partizipation, Interaktion, Konnektivität sind Begriffe, um nicht zu sagen Schlagworte, die in immer mehr Pressemitteilungen auftauchen. In Verbindung damit scheint teilweise das Konzept einer (neuerlichen?) Avantgarde formuliert zu werden, indem es sozusagen als zum künstlerischen Selbstverständnis erklärt wird, sich mit den aktuellsten Technologien bzw. Medien zu beschäftigen: aktuell allerdings nicht dem Sinn, daß diese gerade erst am Endverbrauchermarkt erscheinen wären, daß aber ein Punkt ihrer Expansion einzutreten scheint, andem die Eigendynamik solcher Medien-Systeme über gesellschaftliche Teilbereiche hinaus die Kultur strukturell zu erfassen beginnt uns insofern ihre Spuren auch im Kontext der Kunst hinterläßt. Kommunikationstechnologien, Teletechnologie par excellence, haben diesen Punkt in den letzten Jahren auch in Österreich offensichtlich überschritten. Kommunikation und Konnektivität sind aber nicht nur Schlagworte, hinter ihnen verbergen sich auch strukturelle Merkmale gegenwärtiger Technik- und damit Kulturentwicklung. Insofern operieren Projekte, die sich auf die Spuren dieser Medientechnologien begeben, entgegen ihrer "Appropriation" durch den Kunstkontext nicht sosehr unter dem Gesichtspunkt künstlerischer Praktiken als gerade in einem (technikfundierten) Zusammenhang, der die Frage der Kunst zunächst nur am Rande aufwirft. Denn, wie etwa Heidi Grundmann immer wieder betont hat , werden hier die - trotz aller Versuche zu ihrer Auflösung und Relativierung - noch immer zentralen Begriffe künstlerischer Produktion "Autor" und "Werk" und alle davon ausgehenden sekundären Bestimmungen eminent in Frage gestellt. Die teletechnische Überwindung des Territoriums als Entkoppelung von Kommunikation und Interaktion, die Entkoppelung von Handlung, Ort und Rezeption führt prinzipiell das Konzept der mechanischen Aufzeichnungs- und Speichermedien fort (etwa der Fotografie), die immer schon auch eine Operationalisierung von (visuellen, akustischen) Daten über die Welt betrieben haben: vom transportablen Tafelbild zur Fotografie, dem Film und dem Video hin zu digitalen Aufzeichnungssystemen zerfällt die Welt sozusagen in immer variablere (Medien-) Fragmente, aus denen sich eine "Nachricht" über diese rekonstruieren und neuformieren läßt. "Wo Gegenstand war, ist Information geworden." Diese Entwicklung technischer Medien reicht, wie Friedrich Kittler immer wieder beschreibt bzw. rekonstruiert, bis in das 18. Jahrhundert zurück. Der radikale Bruch, der mit den sogenannten neuen Medien immer wieder postuliert wird, läßt sich also durchaus in eine (historische) Logik der Medienexpansion integrieren. Maßgebend an den kommunikativen Systemen - und hier läßt sich die Metapher des Bruchs am ehesten festmachen - erscheint aber nicht nur der sozusagen immer größere ontologische Abstand der Medienprodukte vom Realen oder die erfolgte Trennung von Botschaft und Träger im Hinblick auf die Beschleunigung der Übertragung oder die Manipulierbarkeit der Information, sondern (gerade im Unterschied zu den klassischen Massenmedien Radio und Fernsehen) der erreichte Umfang medienimmanenter Rückkoppelungen, von interaktiven Videospielen und Fernsehprogrammen bis hin zu den Kommunikationsnetzen: die Empfänger von Botschaften werden immer mehr zu Sendern, die Hörer und Zuseher zu "Usern". Erstmals zeichneten sich Möglichkeiten zur unmittelbaren Intervention und Ausstrahlung innerhalb eines kollektiven Informations- und Kommunikationshorizontes ab. Die Euphorie über diesen Zugriff und diese Aktionsmöglichkeiten ist möglicherweise nur mehr mit jener Faszination vergleichbar, die sich einstellte, als die ersten fernübertragenen Stimmen aus dem Telefon zu hören waren: der (historisch) unerhörte Zustand, eine Form der Anwesenheit in der Abwesenheit zu erzeugen. Kommunikationsmedien (wie FAX, BTX, Bildtelefone etc. und alle Varianten der Koppelung des Computers an das Telefon- wie ISDN-Netz) erzeugen gerade jene operative Fiktion eines gemeinsames Realitätshorizontes, den Robert Adrian X zu Beginn der 80er Jahre gleichermaßen treffend wie unzulänglich mit dem Begriff des "elektronischen Raumes" beschrieben hat. Kommunikationsorientierte Medien-Netzwerke konstruieren jenes paradoxe Verbundensein, Angeschlossen-Sein, aber nicht nur als Rezeptionsraum (wie Radio und Fernsehen), sondern als möglichen Interventionsraum, der allerdings massiv von außer- bzw. vorkünstlerischen Konzepten, Strategien und Interessen geprägt ist. Die Frage ist also, inwiefern konkrete Aktionen, Manipulationen, Kommunikationsangebote vor diesem Hintergrund als etwas gekennzeichnet und (ideel) zusammengefaßt werden können, das, wenn nicht Kunst, so doch verschieden von zahlreichen anderen Informationsbewegungen, die innerhalb dieser Systeme permanent vollzogen werden. Kommunikation allein genügt hier nicht, es geht um ihre Positionierung in einem (wenn auch nur vorläufige) Ereignishorizont, der einzurichten ist. Einige derjenigen Projekte, die in letzten Jahren versucht haben, solche "Horizonte" zu entwickeln, werden nach einem kurzen Rückblick im folgenden erwähnt. Nachdem erste Computernetze ereits in den 60er Jahren in den USA entwickelt wurden, liegt selbst mit Blick auf die österreichische Situation das erste realisierte Netzwerkprojekt gut 15 Jahre zurück: "ARTEX" (Artist's Electronic Exchange Network) wurde 1980/81 auf Initiative von Robert Adrian X in Zusammenarbeit mit Bill Bartlett und I. P. Sharp-Wien als Textprogramm dem kommerziellen Netzwerk "I. P. Sharp APL Network" implementiert und als spezielles Kommunikationsfeld für Künstler konzipiert. Verschiedene Projekte wurden im diesem Netzwerk entwickelt, organisiert und während der Durchführung koordiniert (etwa "Die Welt in 24 Stunden" auf der Ars Electronica 1982 oder "Planetary Network" zur Biennale von Venedig 1986). Es stellte die verbesserte Version von "ARTBOX" dar, das seit 1979 bestand, und erlaubte, Nachrichten zu verschicken, zu verwalten usw. und besaß bereits Zugang zu internationalen Datenbanken, hatte also schon alle Merkmale eines voll entwickelten Netzwerks. ARTEX enthielt darüberhinaus ein eigenes Online-Konferenzprogramm ("Confer"), d. h. die Möglichkeit für mehrere Teilnehmer, gleichzeitig miteinander verbunden zu sein ("Chat") und unmittelbar gegenseitig Mitteilungen auszutauschen, zunächst allerdings ohne Monitor, d. h. nicht in Form des klassischen Terminals. Das ARTEX-Netz war aber auch selbst Gegenstand künstlerischer Projekte. Beispielsweise wurde das weltweite Märchen "La Plissure du Texte" aus dem Jahr 1983 als ARTEX-"Produkt" entwickelt und von Roy Ascott im Rahmen der Ausstellung "ELECTRA 83" im Musée d'Art Moderne de la Ville de Paris organisiert, an dem in Österreich Robert Adrian X und Helmut Mark teilnahmen. Der Titel des Projekts ist eine Anspielung auf das Buch La Plaisir du Texte von Roland Barthes, definiert aber diese Lust am Text völlig anders: nicht mehr als vereinzelte Leidenschaft des Autors, der sich in seine Imagination wie den Text versenkt, sondern als kollektiviertes Vergnügen an einem ebenso kollektiven Textgewebe, das quasi in einem neuen Text-Raum positioniert wird. Der Begriff des vernetzten Schreibens bzw. der verteilten Autorschaft wird hier bereits in Ansätzen realisiert - der Versuch, "einen Raum zu definieren, der allgegenwärtig ist und sich immer stärker auf unser Leben auswirkt" . In den 80er Jahren werden auch eine Reihe von Faxprojekten durchgeführt, Slow-Scan-TV wird als Konferenzsystem eingesetzt, "Telefonmusiken" operieren mit dem Telefon als Instrument (etwa "Wiencouver IV", 1983, gemeinsam von den Gruppen BLIX, Wien, und Western Front, Vancouver, durchgeführt), BTX wird als System aufgegriffen, in dem sich kollektive "Magazine" realisieren lassen, in deren Mittelpunkt auch Fragen nach der ästhetischen Dimension des Bildschirms als dem beginnenden paradigmatischen Bildfeld der "Datenkultur" stehen usw. Der Begriff der Medienkunst als Sammelbegriff für diese durchaus divergierenden und kontroversiell bewerteten Projekte setzt sich sozusagen als Bezeichnung einer spezifischen Kunstpraxis durch: wesentlich erscheinen weniger die unmittelbaren - ästhetisch klassifizierbaren - Ergebnisse als vielmehr die Prozesse selbst: Kommunikation wird nicht als Mittel/Medium verstanden, sondern als "Gegenstand", als Thema - Parallelen zur Prozeß-, Konzept- und auch Aktionskunst lassen sich ausmachen. Robert Adrian X hat dieses Konzept eines "Artist's Use of Telecommunications", so der Titel einer Konferenz im Jahr 1980, an der auch das Museum des 20. Jahrunderts in Wien beteiligt war, weiterverfolgt und 1992/93 während seiner künstlerischen Leitung der "Steirischen Kulturinitiative" (gemeinsam mit Gerfried Stocker) das Mailbox-System "Zeronet - The Art of Being Everywhere" entwickelt und bis 1994 betrieben. Das Zeronet war Bestandteil des Fido-Netzes und war nicht nur als System des Nachrichtenaustauschs konzipiert, sondern - analog zum ARTEX-System - auch "Schauplatz" künstlerischer Projekte. So fand zwischen Juni und Juli 1993 der von Seppo Gründler konzipierte "Big Net Jam" statt: Über das Zeronet wurden vorbereitete Nachrichten zur "Geschichte des Maschinenmenschen" in das Global Area Network (GAN) "Artnet" verschickt ("Sprachmaschine"), die den theoretischen und textbasierten Kommunikationshintergrund für die Online-Live-Events ("Musikmaschine") bildeten. Diese beruhen auf der Standardisierung von Informationsdaten über Klänge (MIDI), d. h. es werden dabei nur Informationen über Klänge verschickt, nicht die Klänge selbst - diese werden am jeweiligen Empfangsort aus den eingelangenden Daten wieder in die entsprechenden Klänge umgewandelt, weiterbearbeitet, zurückverschickt usw. Das Netzwerk verbindet dabei Musiker zu einer (fiktiven und) disloziierten Band, die an verschiedenen Orten zugleich "auftritt". Automatisierte Routinen dieser Signalverarbeitung hatten quasi eine Selbstdarstellung des Systems zur Folge: das Subjekt als Ort der Erfindung und des Ausdrucks ist hier auf dem Rückzug. "Zeronet" verstand sich zugleich als infrastrukturelle Einrichtung im Rahmen der erwähnten "Medienkunst"-Szene - eine Rolle, die es aufgrund organisatorischer, personeller und auch technischer Schwierigkeiten nur bedingt spielte; jedenfalls sollte es ein Pilotversuch zur Etablierung einer Mailbox speziell zu Fragen und Themen im Bereich "Netzwerke und Kunst" sein, der durch zahlreiche begleitende Veranstaltungen - etwa das programmatische Symposion "Online - Kunst im Netz", Graz 1993 - eine praktische wie theoretische Beschäftigung mit diesem Gegenstandbereich aufgreifen und weiterführen sollte - und diesbezüglich auch eine gewisse Dynamik entwickelte. So wurde 1993 in Zusammenarbeit mit Heiko Idensen (Pool Processing) ein literarisches Projekt durchgeführt: "Texttouren", ein Offline-Hypertextsystem, das es nicht nur ermöglichte, Nachrichten auszutauschen, sondern in die Text-Nachrichten der beteiligten Autoren zu intervenieren und Verknüpfungen und Verweise herzustellen. Derartige "elektronische Essays" bedeuten nicht nur, daß kollektiv geschrieben wird, sondern daß gleichzeitig eine Restrukturierung des Textmaterials durchgeführt wird - es geht dabei auch um die Ordnung der Schrift, nicht nur ihre Implementierung in Mediensysteme, vor allem um die Auflösung der Linearität des Textgewebes und der Fundierung der Textproduktion auf ein auktoriales Subjekt, denn: "die eigentlichen Effekte der Medien liegen nicht in ihrer Semantik". Demnach geht es nicht (nur) um Inhalte, sondern um strukturelle Operationen am Text und an der Schrift: die Einführung mehrerer Erzählperspektiven, eine spezifische "taktile" bzw. fragmentarische und fragmentarisierende Form, am Text zu arbeiten, der eine gewisse Medienmaterialität annimmt, indem er sich wie ein Mosaik aus fremd- und eigenerstellten Elementen zusammensetzt usw. (vgl. auch "La Plissure du Texte"). Es entstehen durchaus neuartige Formen, Geschriebenes zu durchqueren und zu durchkreuzen, sodaß sich ständig neue Kontexte bilden, eine neue Textur bildet, die die klassische Textualität verläßt. Netzwerke stellen nicht nur Anweisungen zur Kommunikation dar, sie erzeugen eine neuartige Form eines kollektiven Schriftraumes, den Norbert Bolz mit einer Reise über inhomogene Gedankenfelder vergleicht : Netsurfing. Anmerkungen, Indexierung, Schlagwortkatalog, Kommentierungen etc. führen zwar klassische Organisationsformen fort, die jetzt aber vorläufig, modifizierbar und reversibel bleiben, d. h. dem Zugriff des jeweiligen Users unterworfen sind. Netzwerkorientierte hypertextähnliche Schreibprojekte weisen auch auf die zunehmende Potentialität von Wissen hin, das (etwa über Internet) zugänglich und einsehbar wird, indem sie versuchen, Modi dessen Handhabung zu entwerfen. Inwiefern sich der Einsatz nicht nur elektronischer, sondern kommunikativer Systeme auf das Schreiben, insbesonders literarischer Texte, auswirkt, untersucht auch der 1992 gegründete Verein "Literatur + Medien". Als "work in progress" angelegt, führte die im April und Mai 1993 realisierte und im Herbst 1993 weitergeführte Veranstaltungsreihe "wörter brauchen keine seiten" zahlreiche Einzelprojekte zusammen, die zwar nicht explizit in Netzwerken operierten, die Thematik aber umkreisten. Vor allem ging es um ein konsequentes Verlassen des klassischen Mediums Buch und damit um einen veränderten Literaturbegriff: eine Odyssee durch elektronische Hypertextlabyrinthe (etwa die "Imaginäre Bibliothek" von Pool Processing). Das "Europäische Tagebuch" im "Z-Netz" bzw. dem von "Literatur + Medien" temporär eingerichteten "Literaturnetz" stellte eine solche kollektiv erstellte und damit auch ein kollektives Gedächtnis repräsentierende elektronische Publikation dar, die wiederum verdeutlicht, daß es sich nicht nur um Texte dreht, sondern um kollektive Aktionsräume, d. h. eine spezifische Form von Öffentlichkeit: den "elektronischen Raum". Ein weiteres Projekt, das unter anderem diesen Aspekt einer medienimmanenten Öffentlichkeit aufgreift, wurde von der Wiener Gruppe "HILUS" im Rahmen ihrer dreimonatigen, werkstättenhaften Veranstaltungsreihe "Unitn" im Frühjahr 1993 entwickelt: ein "Raum" wurde im "MediaMOO" des Massachussetts Institute of Technology - einer Netzwerknachbildung des realen Gebäudes - "eingerichtet" und ist über das Internet "zugänglich". Dieser auf Textaustausch basierende, d. h. durch reduzierte und quasi nicht-ästhetische Mittel am Bildschirm realisierte Treffpunkt ist nicht nur Kommunikationsraum, sondern erneut Schauplatz von weiteren Projekten. Im Rahmen von "e-xhibition", einer Ausstellungsreihe in diesem virtuellen Raum, hat Gebhard Sengmüller 1994 "TV Poetry" präsentiert, das bereits auf der "Ars Electronica" 1993 und der "Medienbiannale Leipzig" 1994 zu sehen war. Ausgangspunkt dieser automatisierten Textproduktion sind Fernsehprogramme bzw. die in diesen auftauchenden Text-Komponenten. Im sekundentakt wählen die Empfangsgeräte ein neues Programm, von diesem wird ein Standbild abgenommen und die in diesem Bild vorhandenen Textpassagen durch Texterkennungssoftware gefiltert, weiterbearbeitet und über Modem in den "Unitn"-Raum überspielt, wo dieser unendliche Text auf einer (virtuellen) Laufschriftanzeige erscheint und gelesen werden kann. "Durch die im System auftratenden Unwägbarkeiten, Ungenauigkeiten, Bildrauschen, Fehlinterpretationen etc. werden die Quellentexte einschneidend verändert, neue Sinnzusammenhänge ergeben sich. Sehr deutliche Inhalte (Schlagzeilen, Werbeslogans) bleiben eher erhalten oder 'scheinen durch'." Einerseits werden also Effekte der medialen Ausgangsbilder beibehalten bzw. verstärkt, andererseits wird das Bildsystem Fernsehen nicht abgebildet, sondern bearbeitet und dabei vor allem seiner visuellen und ästhetischen Dimensionen beraubt. Der durch "TV Poetry" quasi automatisch produzierte "Text" ergibt jetzt aber keinen Sinn, keine Erzählung, sondern eine durchaus alogisches und sinnlose Zeichenreihe: "(...) LINDY Si CLA IR SPURLOS VERS SCHUNDEN WADONNA (...)" - die Abbildung des Un- bzw. Nicht-Sinns der Medien? Wie immer diese Projekte in ihren Ergebnisse zu bewerten sind, handelt es sich doch um teilweise exemplarische Untersuchungen bestimmter Möglichkeiten und Effekte spezifischer Medienformationen, mit denen gegenwärtig immer mehr Personen beruflich und privat in Kontakt kommen, ohne eine Vorstellung von deren Struktur zu haben - Netzwerke sind nicht als "Werkzeug" zu begreifen, sondern als Systeme, in die man sich begibt (oder auch nicht), und die spezifische Formen der Orientierung verlangen, d. h. Strukturvorgaben repräsentieren, die die Organisationsformen der über sie laufenden Informationen beeinflussen, die Art und Weise, wie Text, Wissen, Information, aber auch Kommunikation, Repräsentationen und daher auch Macht produziert werden und zirkulieren, d. h. wirksam werden. "Jedes Medium formiert menschliches Handeln, indem es, wie eine Metapher, Erfahrungen transformiert. Medien wirken wie Metaphern, sofern sie die Welt, die wir wahrnehmen, vorstrukturieren." Einige Aspekte dieser medientechnischen Phänomenologie der gegenwärtigen Gesellschaft wurden in den beschriebenen Projekten thematisiert. Am Rande der Netzwerke verbleiben sie dennoch: wenn Information zur Ware wird, entspringt Macht nicht ihrer Verbreitung, sondern ihrer gezielten Veräußerung (und Manipulation). Und es ist nicht anzunehmen, daß diese Strategien nicht im Zentrum auch der Kommunikationsmedien stehen werden. Aspekte der Macht sind es schließlich, die hier nicht bzw. kaum sichtbar geworden sind - hier bedeutet ein Schritt "aus den Medien heraus" manchmal, einen Schritt in Richtung ihrer Interpretation tun zu können. Insofern möchte man bisweilen etwas Distanz zum Gegenstand fordern, wenngleich "Orte" solch einer Distanz nur mehr schwer ausgemacht werden können. © Reinhard Braun 1995 erschienen in: Camera Austria 50/1995 |
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