Featuring ¬ Herwig Turk Reinhard Braun |
die grenze des bildes
phase 1 die frage der referenz richtet sich allerdings längst nicht mehr nur auf vor-bildliche visuelle systeme - auf eine visuelle differenz - sondern zunehmend auf eine konstruktive differenz: die mögliche sinnhaftigkeit einer erscheinung misst sich zunehmend an den modi ihrer erzeugung. die imitation ist in den bereich der produktion diffundiert: bild-sinn-ordnungen entwickeln ihr semantisches feld im hinblick auf die systeme ihrer entstehung: digitale systeme (etwa). die logik einer derartigen bildordnung, die logik deren zeitsystem orientiert sich dementsprechend an den logiken seiner generierung - nicht mehr an einer logik der repräsentation von vor-bildlichen visuellen systemen: der faden zur imitation ist endgültig abgeschnitten. vor dem digitalen bild ist keine präsenz relevant, die in eine darstellung überführt wird; digitale systeme berühren das feld der selbstreferentialität, eine bildordnung verwandelt sich in eine informationsordnung, punktwerte ersetzen analoge zeichenkonstellationen. diese punkte sind der gegenstand eines feldes, das auch zum bildfeld werden kann - deren manipulationen erzeugen effekte, die jetzt nicht mehr als IMITATIV, SONDERN ALS visuelle effekte beschrieben werden können. eine transformation vom bildhaften zum generativen hat stattgefunden. metonymie die metonymie erscheint als strategie, die ähnlichkeit in das feld der selbstähnlichkeit zu überführen: metonymie als strategie medialer bilder - noch auf das vor-bildliche als feld des visuellen zu rekurrieren, aber als reiner effekt, als inszenierung. es handelt sich um den übergang von einer passiven (bild-)form in seine aktive bedeutungserzeugung - der fluss der bilder ist nicht mehr als erzählung angelegt, nicht mehr als sequenz, als fragment - der kontext hat sich radikal geändert: es handelt sich um die visualisierung von bild-logiken jenseits der »eigentlichen signifikanten« aus dem feld des vor-bildlichen. die sequenz, das fragment ist als ein system-produkt angelegt, rekurriert auf parameter, die sich jenseits des visuellen bewegen: software phase 2 ebenso um die simulation von narration: die zeitdimension, die herstellung einer sequenz, die wiederum eine differenz erzeugt - zeitzustände - beruhen nicht mehr auf einer vor-bildlichen handlungslogik. die zeit selbst als parameter dieses informationsfeldes ist ebenfalls disponibel geworden. handlungslogik wird allenfalls suggeriert - und gleichzeitig parodiert. die ewige wiederkehr vollzieht sich gerade nicht mehr entlang einer linearen zeitachse, sondern entlang einer vertikalen bildachse: die handlung vollzieht sich in die bildtiefe - die keine tiefe ist, sondern eine haut aus punkten, unter der sich eine haut aus punkten befindet, unter der die zeitachse wird als perspektivische projektion in den fiktiven bildraum gerichtet, der zu jedem zeitpunkt eine fiktive erzählung präsentiert: die invasion richtet sich auf bildordnungen jenseits von systemordnungen. die grenze des textes ist seine abfolge was sich hier an oberflächlichkeit, an reiner oberfläche, ereignet, ist die abbildung von systemparametern. keine referenz auf externe konstanten, keine erzählung einer bildlichkeit der welt, allenfalls die spur einer bildlichkeit des konzepts. was an effekten erscheint, bezieht sich weniger auf das identifizierbare bild, sondern auf die repräsentation einer vollzogenen umwandlung: das bild als kollektive dimension der wahrnehmung wird eingesetzt, um seine fundamentale verunsicherung zu demonstrieren: die möglichkeiten seiner manipulation haben zu einer form der fraktalen visualität geführt: das visuelle, die sichtbare welt zersplittert in repräsentationen und konstruktionen, ohne dass erkannt werden kann, welchem bildsystemraum diese splitter noch angehören. es ereignet sich nicht, wovon ein bild existiert, sondern wovon ein bild existiert, das könnte sich auch ereignet haben - die digitalen bilderzeugungssysteme haben die prüfbarkeit dieser kontiguität von konstante und parakonstante, diese fundamentale differenz eingezogen. die metonymie, der wechsel in die sphäre der selbsterzeugten referenten hat aus einem spiel mit diesen konstanten ein spiel ohne konstanten erzeugt: oberflächen, die als bildformen erscheinen sind das ergebnis selbstreferentieller informationsmutationen - punktmengen, die mit einer form der wahrscheinlichkeit, der verteilung, informiert werden, die bildordnungen simulieren, ohne noch daran zu partizipieren. © Reinhard Braun 1992 erschienen in: Beneditk Foster u. a. (Hg.), "Medienbiennale Leipzig: Digital Work", Dogenhaus Galerie, Leipzig 1992 |
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